Manchmal sind die naheliegensten und banalsten Dinge dieser Welt zugleich ein Mysterium. So fragen sich viele Menschen heutzutage, wo die ganzen Blühwiesen hin verschwunden sind. Denn von Früher kannten noch viele diese kleinen Wiesen in den größeren Gärten der Städte und auch der Vorstädte. Noch nicht ganz ein Acker und meist zu viel um die Fläche zu bewirtschaften. Wiesen in der Größe von einem halben oder ganzem Hektar. Solche Wiesen wurden damals für die eigene Kaninchenzucht genutzt (Aber auch für Gänse-, Ziegen-, Enten- und Hühnerzucht). Denn Kaninchen fressen Gras und geben dafür nahrhaftes Fleisch. So war es zu Kriegs- und Nachkriegszeiten üblich, dass jede Familie, mit Platz für ein paar Ställe im Hinterhof oder im Garten, eine kleine Wiese pachtete für den Gemüse- und Obstanbau. Gras und Unkräuter konnten so an die Kaninchen verfüttert, und die gesamte Fläche optimal genutzt werden. Denn Lebensmittel und besonders Fleisch waren kostbar und rar. So ging man auch umsichtig mit den Wiesen um. Für die Kaninchen wurde jeden Morgen (oder Abend) etwas Gras abgesenst mit der Sense. Der Rest blieb stehen zum Weiterwachsen. Oftmals hatten die Leute zwei Häsinnen und ließen diese von einem Rammler beim Nachbarn oder ortsüblichen Verein decken. Wer nicht selbst züchtete brauchte keinen eigenen Rammler, um diesen mit durch zu füttern. Je nach Wurfstärke hatte man so im Schnitt 10-20 Kaninchen mit Futter zu versorgen. Jedes Kaninchen benötigt ca. 60% seines eigenen Körpergewichtes an Frischfutter pro Tag. Da war so eine Wiese für die tägliche Fütterung unerlässlich. Hinzu kamen Küchenabfälle und Unkräuter aus dem Gemüsegarten.
Wenn eine Wiese ständig abgeerntet wird, für Heu oder Frischfutter, magert diese über die Jahre hinweg aus. Das Resultat sind mehr Wiesenkräuter die sich nach und nach ansiedeln und die Wiese in ihrer Vielfalt ergänzen. Durch das Absensen werden auch die Schmetterlinge und anderen Wiesenbewohner nicht massiv gestört. Der Vorgang ähnelt mehr einem Abgrasen. Durch diesen schonenden Umgang mit den Wiesen ergab sich wie von selbst eine höhere Artenvielfalt.
Dieses, aus heutiger Sicht idyllische Bild wurde aber immer weiter aus dem Fokus der Leute verdrängt. Wer möchte sich schon ständig um das Viehzeug kümmern? Zudem gelangte für die Kaninchen das Pressfutter (Trockenfutter) auf den Markt. Niemand musste mehr bis zur nächsten Wiese laufen. Die Futtersäcke konnten bequem angeliefert oder im nächsten Landhandel gekauft werden. Die Qualität der Inhaltsstoffe blieb zudem gleich und das Futter war/ist günstig zu beschaffen für eine hohe Anzahl an Tieren.
Mit steigendem Wohlstand wurde die Kaninchenzucht mehr und mehr zum Hobby erklärt und diente nicht mehr zur eigenen Fleischerzeugung. Fleisch wurde immer billiger und war überall zu kaufen. Niemand musste mehr auf die Kaninchenzucht zurückgreifen und so wurde so manche Wiese verkauft, denn der Aufwand des Mähens und Pflegens dieser Grünflächen wurde zu unbequem. So entstanden in den Städten immer mehr Bauflächen und die kleinen Wiesen verschwanden. Mit Rückgang der Kleintierzucht wurde auch die Biodiversität in den Städten und Randgebieten verdrängt. Allein den Bauern den Rückgang dieser Flächen aufzubürden erscheint daher eher einseitig betrachtet zu sein. Letztendlich ist es unser Verhalten, dass dazu führt, dass Biodiversität abnimmt. Nicht nur im Bereich der Rassekaninchenzucht sind viele ortsübliche Rassen vom Aussterben bedroht. Ebenso bei den Rassegeflügelzüchtern zeigt sich dieser Rückgang. Dabei kann eine verantwortungsvolle Tierzucht auch zugleich Umweltschutz bedeuten.
Das Beispiel mit den Blühwiesen zeigt sehr deutlich auf, dass Tierzucht nicht per se Schlecht sein muss. Wir sollten dabei aber stets die Umweltkreisläufe mit einbeziehen und verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umgehen.
Es wäre sicherlich auch für Naturschützer hilfreich, sich mit Kaninchenhaltern und Vereinen zusammen zu schließen, um diese alten Kreisläufe wieder in Bewegung zu bringen. So manches Tierheim würde sich über solche Futterspenden ebenfalls freuen. Es liegt an uns, was wir mit unseren Ressourcen machen wollen.
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